Essen, den 24. Dezember 2020

Liebe Gemeindegeschwister und Freunde,
ich grüße euch/dich herzlich zur Weihnachtszeit, in der uns auch die Corona-Pandemie bewegt und herausfordert. Wir leben in keiner einfachen Zeit.
Einfach war schon das allererste Weihnachten für niemanden. Da ist keine Rede von Fest. Auch nicht von tollem Menü, schöner Deko und wohltuender Musik. Gemeinsam mit allen Lieben zu Hause und Geschenke für jeden – war damals auch nicht. Ich möchte euch einige predigtähnliche Gedanken unter der Überschrift „Weihnachten – keine einfache doch frohmachende Zeit“ weitergeben.
In den neutestamentlichen Weihnachtsberichten stoßen wir auf nichts Romantisches. Außer Gott haben mich dieses Jahr besonders die „Weihnachtspersonen“ fasziniert. Viele von ihnen scheint Gott zu überfordern. Doch sie alle kommen erstaunlich gut damit klar. Zu ihnen gehört besonders die ca. 14 – 15 jährige Maria. Sie hätte allen Grund gehabt vor Angst zu vergehen. Zu ihrem  Schwangerwerden mit dem Jesuskind wird ihr zwar „etwas“ erklärt; siehe Lukas 1,35.

Aber weder sie, noch sonst ein Mensch kann diese Erklärung vom Verstand her wirklich nachvollziehen. Ergänzend wird Maria gesagt, dass bei Gott nichts unmöglich ist. Für sie ist das dann ausreichend. Anstatt zumindest alles was sie selbst betrifft verstehen zu müssen, vertraut sie „einfach“ Gott. Und: Maria gibt ganz bewusst ihr Ja zu dem, was er mit ihr vorhat; siehe Lukas 1, 37 + 38. Darüber staune ich. Uns begegnet Elisabeth, die Frau des alten Priesters Zacharias. Sie ist wie von Gott angekündigt schwanger – und zwar erstmals, obwohl sie das gebärfähige Alter bereits weit überschritten hat. Als sie von der jungen ebenfalls schwangeren Maria besucht wird, kommt der Heilige Geist in einzigartiger Weise über Elisabeth. Mit dem, was sie nun ausspricht, baut sie die junge Maria total auf und macht Gott groß. Hier erleben zwei schwangere Frauen pure Freude an und durch Gott; siehe Lukas 1, 39ff. Wir lernen Josef kennen, Maria´s wohl nur wenige Jahre älteren Verlobten. Heimlich plant er, sich von ihr zu trennen. Denn er ist sich sicher: „Von mir kann Maria nicht schwanger sein“. Doch Gott vereitelt Josef´s Trennungsplan. Wir hören mehrfach vom Engel Gabriel, einem Engel, oder Heerscharen von Engeln. Als Bote Gottes gibt ein Engel jeweils der Maria und dem Josef weiter, was geschehen wird und für die Betreffenden dran ist. Zu Josef redet der Gottesengel nicht direkt, sondern in nächtlichen Träumen.

Welcher Mann richtet sich bei Entscheidungen schon nach Träumen? Josef! Er lässt sich voll darauf ein und dadurch Maria nicht allein; siehe Matth. 1, 18 ff. Josef und Maria nehmen auch eine für sie sehr herausfordernde Anordnung der Regierung ernst; siehe Lukas 2, 1ff. Dieses Thema ist heute ebenfalls hoch aktuell. Auch so mancher Christ tut sich damit schwer. Josef und Maria stellen keinen Antrag beim kaiserlichen Konsulat, um aufgrund von Maria´s Schwangerschaft in  der Endphase nicht oder zumindest später nach Bethlehem zu reisen. Wie stark versuchen wir behördlichen Anordnungen oder Auflagen auszuweichen, wenn sie uns nicht in den Kram passen, nerven oder wir ihren Sinn oder Nutzen nicht erkennen (wollen)? Wie wäre es, stattdessen mit Gott darüber zu sprechen und ihn zu fragen: „Was hast du vor? Was willst du dadurch in meinem Leben oder durch mich verändern?
Maria und Josef erleben, dass Gott trotz Schwierigkeiten zu seinen Zusagen steht. Er führt, schützt und versorgt sie. Und alles geschieht, wie von ihm angekündigt. Erlebst du Gott und dich in ähnlicher Weise? Die Umstände unter denen Jesus geboren wird sind erbärmlich. Für die Geburt des Königs der Könige und seine Mutter steht keine helfende Hebamme bereit. Als Unterkunft findet sich nur ein Stall, in dem sonst Weidetiere leben. Zur Wiege wird für Jesus, woraus sonst diese Tiere fressen – eine Futterkrippe; siehe Lukas 2, 6-7. In Jesus macht sich Gott in jeder Hinsicht ganz klein, damit wir ihn als einen von erkennen. Über all dem bleiben Maria und Josef gelassen. Denn sie wissen, wen Gott ihr Herr ihnen mit diesem Jesuskind anvertraut; nämlich seinen Sohn, den verheißenen Retter für alle Menschen. Gott öffnet ihnen alle Türen rechtzeitig. Er sorgt auch heute für jeden, der ihm vertraut und auf ihn hört. Kaum ist das Jesuskind auf der Welt, besuchen ihn nachts einige Hirten. Hinter ihnen liegt gerade eine gewaltige Begegnung mit Engeln. Ihnen wird „große Freude“ verkündigt, sozusagen persönlich angesagt. Und sie hören u.a. noch: „Euch ist heute der Heiland geboren“. Es geht nicht um irgendwen irgendwann irgendwo, sondern um den langersehnten Messias (Retter, Heiland) heute und ganz in der Nähe. Sofort machen sie sich auf den Weg, um ihn zu sehen. Gott zieht diese sozial stark benachteiligten und gesellschaftlich ausge-grenzten Männer, die sonst nichts zu melden haben mitten in der Nacht auf ganz starke Weise raus aus ihrem Abseits – hinein in sein Zentrum. Ihnen gewährt er die Ehre, als erste den Christus, den langersehnten Retter zu sehen. Anschließend können sie nicht mehr schweigen. Ihre Freude bricht sich Bahn. Diese Männer sagen jedem, den sie treffen weiter, was sie gehört und gesehen haben. Sie werden zu den ersten Evangelisten seit Jesus da ist, und können kaum damit aufhören, Gott zu loben und zu preisen; siehe Lukas 2, 8-20. Gibt es etwas, was dich so sehr bewegt und froh gemacht hat, dass du nicht schweigen kannst, sondern es weitersagen musst?
Einige Zeit später kommen reiche, gebildete und angesehene Männer aus einem fernen östlichen Land. Von dort sind sie einem hellen Stern bis zu Jesus gefolgt, der für sie der neugeborene König der Juden ist. Was für ein Kontrast zu den Hirten. Die Sternerscheinung damals am Himmel ist inzwischen auch wissenschaftlich-astronomisch nachweisbar. Sie fallen vor Jesus nieder, beten ihn an und überreichen ihm wertvolle Geschenke. Gott unser Herr holt sogar diese Männer in ihrer speziellen Welt so ab, dass ihnen ihr Verstand nicht im Weg steht, sondern ganz im Gegenteil. Er erreicht sie über ihr astronomisches Wissen und ihre diesbezügliche Deutungswelt. Auch uns holt er manchmal auf diese Weise ab. Gott lässt sie ihr Ziel erreichen, obwohl das alles andere als mal eben um die Ecke liegt. Erleben wir das auch?

Bei mir ist das jedenfalls öfter der Fall. Doch was noch größer ist: Gott kommt immer stärker in das Leben dieser Männer. ER erreicht ihre Herzen, indem sie Jesus persönlich begegnen. Und auf ihrer Heimreise ohne Stern vertieft er das, indem er ihnen im Traum „befiehlt“, eine andere Route zu nehmen, als die von ihnen Geplante. Und sie gehorchen Gott; siehe Matthäus 2, 1-12.
Welche der beiden weihnachtlichen Männergruppe spricht dich stärker an? Wo entdeckst du Parallelen zu in dir oderGottes Weg mit dir?
Ob Maria und Josef das alles einordnen konnten? Und wir: Müssen wir heute wirklich alles verstehen? Hilfreich wäre es schon. Doch Gott geht es stärker darum, dass wir uns ihm und seiner Botschaft öffnen. Dann werden auch wir staunen, womit und auf welche Weise er uns führt, beschenkt und verändert. Manches verstehen wir sofort, anderes nach und nach, wieder anderes erst nach Jahren im Rückblick. Und es bleiben auch Ereignisse und Erfahrungen auf deren Verstehen wir wohl warten müssen, bis wir bei Gott in seiner neuen Welt angekommen sind. Noch nicht lange in Bethlehem, erscheint Gott durch seinen Engel dem Josef erneut im Traum. Nun erhält er den Auftrag, mit Maria und dem kleinen Jesus nach Ägypten zu flüchten. Denn der jüdische König Herodes trachtet dem Jesuskind nach dem Leben. Josef setzt ohne zu zögern (noch in der gleichen Nacht!) um, was Gott ihm sagt. Und Gott bewahrt ihn, Maria und Jesus erneut; siehe 2, 13 f.
Sofort etwas total Lebensveränderndes anzupacken, fällt wohl niemandem leicht. Solche sehr herausfordernde Veränderungen bleiben auch heute weltweit immer mehr Menschen, auch Christen nicht erspart. Mir wird bewusster, welch großes Geschenk ein Zuhause innerhalb der eigenen Kultur und Sprache ist. Und ich erlebe auch, was es heißt, Eindrückedie Gott schenkt, schnellstens und gehorsam umzusetzen. Meine Erfahrung ist: Wer IHM gehorcht, lernt ihn besser kennen, erlebt mehr mit ihm und lässt sich stärker durch ihn verändern. Der größte Feind von Gott gehorchen ist unsere persönliche Komfortzone. Sie zu verlassen (das, wo wir zu Hause sind und uns wohl und sicher fühlen) fällt nicht leicht. Doch Gott möchte, dass wir es lernen. Die biblischen Weihnachtspersonen haben diese Hausaufgabe allesamt sehr gut gemacht. Sie sind uns u.a. diesbezüglich wertvolle Vorbilder. Wer sich jedoch dem Lernprozess seine Komfortzone zu verlassen verweigert,grenzt Gott ein oder sogar aus. Denn er lässt ihn nur begrenzt Herr über sich sein. Als Folge davon erleben solche Christen nicht alles, was Gott mit ihm vorhat. Und sie lernen Jesus Christus auch weniger intensiv kennen. Sie kennzeichnet häufig, dass sie aus Gottes Sicht zu stark auf sich selbst und/oder ihre eigenen Lieben fixiert sind. Wenn dann Gottes liebevolle und geduldige Veränderungsversuche bei ihnen nicht fruchten, lässt er manchmal auch zu, dass solche Christen durch die Menschen am stärksten enttäuscht werden, die sie am meisten lieben. Das ist dann aber keine Strafe Gottes. Sondern er versucht bewusster zu machen, was er sich von ihnen wünscht; nämlich dass sie ihr Denken und Wollen und damit auch ihre Entscheidungen und die praktische Gestaltung ihres Lebens stärker auf IHN und SEINEN Willen ausrichten.
Gott unser Herr wünscht sich von uns seinen Kindern, dass wir ihm gehorchen. Gott gebraucht auch alte, teilweise sogar hochbetagte Glaubenspersonen, um das erste Weihnachten einzufädeln oder zum Ende hin zu gestalten. Diese Personen leben seit vielen Jahrzehnten treu und geduldig mit Gott. Doch keine von ihnen sagt: „Ich bin zu alt, um mich von Gott gebrauchen zu lassen.“ Sondern plötzlich erlebt jede von ihnen, wie Gott in besonderer Weise spricht oder sie zur richtigen Zeit an den richtigen Ort führt. Bei Zacharias erfolgt das über eine Engelerscheinung; siehe Lukas 1, 5ff.
Bei Elisabeth und Simeon durch das Wirken des Heiligen Geistes oder innerlich durch ihn angetrieben; siehe Lukas 1, 41ff und 2,25ff. Und durch Hanna kommt Gott mit Hilfe ihrer prophetischen Begabung zum Zug; siehe Lukas 2, 36ff. Bei all dem kommt Freude im Herzen dieser Glaubenspersonen auf.

Alle biblischen Weihnachtpersonen eint:
1. Gott erteilt ihnen einen oder mehrere Aufträge und sie verlassen ihre Komfortzone.
2. Sie vertrauen und gehorchen ihm sehr verantwortungsbewusst.
3. Sie erleben Gott durch einen Engel oder den Heiligen Geist, und dann auch seinen
Sohn Jesus Christus hautnah.
4. Sie werden direkt oder indirekt zum Segen für andere.
5. Gott belohnt ihr Vertrauen und ihren Gehorsam.


Während des 3. Reichs wurde wenige Tage vor Weihnachten 1944 ein katholischer Ordensbruder aufgrund seines Glaubens hingerichtet. Kurz vorher hat er (in Handschellen) auf einen Zettel geschrieben: „Mensch lass dich selbst los zu deinem Gott hin und er wird dich belohnen.“ Dieser geistliche Vermächtnissatz hat mich in den letzten Tagen bewegt. Genau das haben – ohne diesen Satz zu kennen, auch die biblischen Weihnachtsmenschen vorgelebt. Sie alle haben sich selbst losgelassen zu Gott hin. Und er hat sie und durch sie andere Menschen belohnt bzw. beschenkt. Vielleicht findest du dich in diesem kurzen Vermächtnis wieder oder in einer der weihnachtlichen Personen. Ich ermutige dich mit Gott darüber zu sprechen. Weihnachten – die Geburt des Retters – wurde von im Glauben verwurzelten Menschen mitgestaltet, die sich von Gott beauftragen ließen. Damals wie heute, will er nicht nur für uns, sondern auch mit und durch uns zum Zug kommen.

Diese drei Ebenen greifen wie Zahnräder in einander. Wenn sich eins von ihnen bewegt, werden auch die anderen in Bewegung gesetzt. Gott hat sich in Jesus klein, menschlich, verletzlich und erfahrbar gemacht, um für, mit und durch uns zum Zug zu kommen. Wer Jesus an sich ran lässt, in dem werden dunkle Kammern hell, Verschüttetes wird neu wertvoll, Zerbrochenes wieder heil und Angeknackstes wieder stabil und belastbar.
Komm mit dem, was dein Herz bewegt oder dir zu schaffen macht zu Jesus. Er möchte dir begegnen, dich verändern, dir helfen, und dein Herz froh machen. Gedanklich kannst du zu ihm in den Stall an seine Krippe treten, wo alles beginnt. Oder zu ihm unter sein Kreuz, wo er die Sünde besiegt hat – auch deine. Du kannst auch auf einen einsamen Berg gehen (dort hat er oft gebetet), an einen See (dort hat er oft Menschen geholfen). Oder steig zu ihm ins Boot (wo er seinen Jüngern häufig wertvolle Lektionen erteilt hat). Du kannst auch mit ihm auf Wanderschaft gehen (wo er vieles mit seinen Jüngern besprochen hat). Lass dich dabei selbst los zu ihm hin, und lass dir von ihm helfen – z.B. dabei besser klar zu kommen mit dir selbst, deinen Prägungen, deiner Vergangenheit, oder deinen Schwächen, einem schwierigen Mitmensch, oder dich belastenden Umständen. Falls du Gesprächsbedarf hast, empfehle ich dir den Mut aufzubringen und dich an Christen deines Vertrauens oder auch gerne an mich zu wenden. Telefon, Handy und digitale Kommunikationsmittel können gute Hilfsmittel sein – besonders in Pandemiezeiten und während der für viele Mitmenschen einsamen Weihnachtszeit.
Möge Weihnachten dieses Jahr zu einer Zeit werden, in der Gott dich abholt oder du zu ihm kommst. Er möge dir begegnet und dein Herz froh werden.

Euer
Thomas Ciliox
Freie evangelische Gemeinde Essen-Kray